Ein sommerlicher Augusttag. Die Biergärten sind voll. Ich gehe in den Park und: Es muss nicht immer der Englische Garten sein. Zumindest vorerst.
Ich schlendere im Schwabing jenseits der Münchner Freiheit – also im nördlichen Teil, da wo Schwabing nicht ganz so hip und trendy ist. Der Luitpoldpark schläft um die Ecke. Ich erinnere mich nicht mehr an meinen letzten Besuch. Nur wenige Leute sind unterwegs. Irgendwo zwischen zwei Bäumen haben Jugendliche ein Seil gespannt und balancieren. Eine Kamera geschultert. Entsteht gerade ein neues Video für YouTube?
Der Weg steigt an. Richtig, am Scheidplatz türmt sich der Schuttberg auf. Einer der Überbleibsel des zweiten Weltkriegs, ich gehe auf dem Schutt des zerstörten München. Irgendwo im Schatten steht die Erinnerungstafel – für viele junge Münchner ist das nur noch ein Berg, an dem es sich im Winter wunderbar rodeln lässt.
München liegt in den Bergen, denken viele. Denn wer kennt sie nicht, die Postkarten mit den Turmspitzen von Frauenkirche und Altem Peter, dahinter groß, stolz und nah, die schneebedeckten bayrischen Alpen. Will man die Berge suchen, muss man in München hinaufsteigen – zum Beispiel auf den Olympiaturm oder auf den Schuttberg am Scheidplatz. Wenn das Wetter schön und nicht allzu diesig ist, dann sieht man sie, die Berge.
Oben angekommen bin ich allein. Bäume säumen den Aussichtsplatz. Da ist sie, die Bergkette – fein gezeichnet und deutlich.
Es ist schön, eine Weile auf der Mauer zu sitzen, den Vögeln zu lauschen, den Stadtverkehr als Sound im Hintergrund…. „Ich bin da!“, rauscht die Stadt. 1,4 Millionen Menschen leben in München, die Stadt wächst, heißt es, und die Mietpreise sind dementsprechend. Aber war das schon einmal anders?
München ist begehrt. Was macht den Charme aus? Ich gehe weiter, jetzt in Richtung Münchner Freiheit – die Clemensstraße entlang. Eine langweilige Ecke, tagsüber – aber nachts ist da oft der Bär los, wird mir erzählt. Hundert Meter weiter blickt eine Maria wie eh und je gelassen von der Hauswand auf das Geschehen.
Café Münchner Freiheit – immer noch gern genutzter Treffpunkt – von der Schwabinger Schickeria, vom grantelnden Bayern, von der Mutter mit den Kindern und natürlich den zahlreichen Touristen. Im Sommer ist München voller Touristen.
Ich lass’ mich weiter treiben, an typischen Münchner Häusern vorbei in Richtung Englischer Garten. Hey, da ist ja der Kleinhesseloher See – die Gänse scheinen ihn diesmal auch als Rastplatz auserkoren zu haben. Nicht nur ich nutze das Fotomotiv.
Im nördlichen Teil des Englischen Gartens habe ich Ruhe. Lauschige Ecken finde ich. Das nächste Mal nehme ich mir eine Decke und ein Buch mit. Ich gehe in Richtung Süden, denn ich will auch noch den anderen Englischen Garten sehen. Den mit den Reitwegen, dem Monopterus und dem Chinesen.
Ich höre Stimmen: Spanisch, Italienisch, Englisch, Japanisch – ach ja, und auch Münchnerisch. Ich bin richtig. Ich bin am Chinesen. Der Chinesische Turm ist einer der vielen Biergärten in München, vielleicht ist er der bekannteste – der schönste ist er sicher nicht, aber trotzdem: Es macht Spaß, mal wieder vorbei zu schau’n.
Seit hundert Jahren gibt es das „königlich-bayrische Biergartengesetz“ – da darf man sich seinen Brotzeitkorb selbst mitbringen und muss nicht die (teuren) Biergartenpreise für Radi, Obatztn, Emmentaler und Leberkas zahlen. Die Maß Bier oder Radler, aber auch die große Brezn, kauft man selbstredend dort. Sicher war ich mir nicht, aber es scheint auch hier noch zu gelten – zumindest im Selbstbedienungsbereich. Prost.
München, August 2012