Die wilde und ursprüngliche Region der Abruzzen bezaubert das italienische Wanderherz. Es kommt wohl auf eine Probe an, ob dem wirklich so ist, doch tatsächlich vereint diese faszinierende Gebirgsregion alles, was der abenteuerlustige Wanderer begehrt. Gletscher und atemberaubende Gebirgsmassive, grandiose Wasserfälle und stahlblaue Seen sowie urige Wälder und Hochebenen, die mit denen Tibets verglichen werden. Beim Wandern in den Abruzzen entdeckt man verschlafene Bergdörfer und die legendäre Gastfreundschaft der Einheimischen sowie mit ein wenig Glück sogar Wölfe und Bären, die den Weg kreuzen.
Die Nationalparks der Abruzzen – ein Highlight für Wanderer
Der Abruzzen-Nationalpark ist der älteste der Nationalparks. Mit einer Fläche von 50.683 Hektar war das Gebiet einstmals königliches Jagdrevier und ist mit seiner üppig bewaldeten und urwüchsigen Gebirgslandschaft der Lebensraum von Rotwild, Gämsen oder Raubvögeln. Sogar Braunbären und Wölfe können hier beobachtet werden, doch keine Angst: Letztere finden sich beispielsweise in einem Gehege bei Civtella Alfedana. Zum Herz der Abruzzen zählt zweifelsohne der nahe Rom gelegene Gran-Sasso-Nationalpark. Die Eingänge zum Park befinden sich wahlweise in den Ortschaften Assergi oder Colledara. Dieses gebirgige, 141.341 Hektar große Gebiet, nennt mit dem Como Grande (2912m)den höchsten Gipfel des Appenin sein Eigen und vor allem vom Hochplateau Campo Imperatore wird der Wanderer mit einem atemberaubenden Ausblick belohnt.
Doch auch an den Ufern des Lago di Campotosto – einer von Europas größten Stauseen, der von oben noch eindrucksvoller wirkt – bietet sich ein eindrucksvolles Schauspiel, das die Herzen von Vogelkundlern erfreut, und wer es ein bisschen wilder mag, wird unter Umständen sogar der im Park lebenden Wölfe oder Bären angesichtig. Nach der eher kargen Hochgebirgslandschaft des Gran-Sasso-Nationalparks bietet der 74.095 Hektar große Majella-Nationalpark einen interessanten Kontrast, hat er doch beinahe etwas Verwunschenes an sich. Denn obwohl auch der Majella-Park zur Hälfte durch die Hochgebirgslandschaft geprägt ist, zeigt sich das Areal mit wilden Schluchten, dichten Wäldern und malerischen, dicht an die Felsen gedrängten Dörfchen beinahe märchenhaft – nichts desto trotz sind auch hier Wölfe und Bären heimisch.
Im Alleingang eher für geübte Wanderer zu meistern
Die Anreise erfolgt meist bequem mit dem Linienbus über Rom, der den jeweiligen Ausgangspunkt der Tour ansteuert – beispielsweise L’Aquila, Amatrice oder Pecasseroli, um nur einige zu nennen. Zu beachten ist allerdings, dass der Busverkehr in die Bergdörfchen der Abruzzen am Wochenende ruht. Doch so faszinierend sich die Abruzzen auch zeigen, so halten sie auch ihre ganz besonderen Herausforderungen parat und unvorbereitet sollte hier niemand auf die Wanderung begeben. Der technische Anspruch ist bisweilen sehr hoch. Hier wird in hochalpinen Regionen gewandert und abhängig von der gewählten Route geht es hinauf bis auf 2000 m Höhe und das setzt nicht nur die richtige Ausrüstung voraus, sondern auch ein hohes Maß an Kondition und ein entsprechendes körperliches Fitnesslevel. Eine weitere Hürde zeigt sich vor allem im Gran-Sasso-Nationalpark mit einer mangelhaften Ausschilderung und fehlenden Markierungen. Hervorragendes Kartenmaterial und ein Kompass sind also Pflicht, die sicherste Variante, um sich vor unbeabsichtigtem Herumirren zu schützen, wäre allerdings GPS.
Touren wie die durch die Abruzzen erfordern hervorragende Planung und die beginnen mit der Zusammenstellung der Route. Hilfreich hierbei sind detaillierte Reiseführer nebst Kartenmaterial oder noch besser: Erfahrene Wanderer, die praktische Tipps geben und bei der Routen-Zusammenstellung helfen können. Auch die richtige, den hochalpinen Gegebenheiten angepasste Ausrüstung muss angeschafft werden und dem Proviant gebührt ebenfalls besondere Aufmerksamkeit. Denn dort, wo sich buchstäblich Fuchs und Hase „Gute Nacht!“, sagen, gibt es keinen Supermarkt, in dem man sich mal eben mit neuem Reiseproviant eindecken kann. Neben festem Schuhwerk, Sonnenschutz und wetterfester Kleidung, die auch für plötzliche Wetterumschwünge taugt, kann eine Notcampingausrüstung sinnvoll sein. Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings, dass selbst in den Sommermonaten in den Höhenlagen noch Schnee liegen kann. Besser ist es daher, sich vorab um geeignete Unterkünfte zu bemühen und verbindlich zu reservieren.